Multiple Melanome – die Ursache immer wiederkehrender Unterbauchödeme

Vorbericht

Vorgestellt wurde ein Wallach mit seit ca. 3 Jahren immer wiederkehrenden Unterbauchödemen. Aufgrund des Vorberichts wurde er zunächst zur speziellen kardiologischen Untersuchung vorgestellt.

Untersuchungsmethoden und Befunde

Im Rahmen der klinischen Untersuchung wurde ein mittelgradiges Unterbauch- und Schlauchödem festgestellt.

Die Herzfrequenz war im Referenzbereich, es war jedoch ein geringes holodiastolisches Herzgeräusch feststellbar. Der Herzschlag war rhythmisch.

Aufgrund des sehr guten Ernährungszustandes des Wallachs war lediglich eine eingeschränkte sonographische Beurteilung des Herzens möglich.
Soweit beurteilbar zeigte sich eine mittlgradige Aortenklappeninsuffizienz (Schlussunfähigkeit an der Klappe zwischen linker Herzkammer und Aorta) ohne Dimensionsveränderungen.
Die elektrokardiographische Untersuchung in Ruhe war unauffällig.

 

Tab.1: Messwerte B-Mode aus der langen Achse von rechts kaudal n. GEHLEN und STADLER (2002)

Tab.2: Messwerte M-Mode aus der kurzen Achse von rechts kaudal n. LONG (1992)

In der rektalen Untersuchung wurden multiple kirschgroße Melanome im Bereich des Afters festgestellt. Die inneren Leistenringe zeigten palpatorisch keine Veränderungen.
In der palpatorischen und adspektorischen Untersuchung der Schlauchtasche wurden ebenfalls multiple Melanome im Bereich der ventralen Bauchwand und im Bereich des Schlauches festgestellt. Diese wiesen eine max. Größe eines Kirschkernes auf, waren jedoch zahlreich vorhanden.
Der Schlauch- und die Schlauchtasche wurden gereinigt.

In der Blutuntersuchung zeigte sich eine Erhöhung des Gesamteiweißwertes, eine Erhöhung der Monozyten und der eosinophilen Granulozyten, sowie eine leichte Erhöhung der alpha-Globuline.

Zusammenfassend ist das Vorhandensein des Unterbauchödems nicht mit den Herzbefunden zu vereinbaren. Denkbar ist eher eine lymphogene Abflussstörung durch die Melanome. Dies passt auch zu der Tatsache, dass das Ödem nach der Reinigung des Präputiums zurückgegangen sind.

Diagnosen

  • Mittelgradige Aortenklappeninsuffizienz (eingeschränkte Beurteilbarkeit aufgrund der schlechten Bildqualität in diesem Fall)
  • Multiple Melanome im Bereich des Anus und des Präputiums
  • V.a. lymphogene Abflussstörung durch die Melanome

Beurteilung und Therapie

Die Rückflüsse an den Herzklappen des Wallachs haben mit hoher Wahrscheinlichkeit zum aktuellen Zeitpunkt keine Bedeutung für die Leistungsfähigkeit des Pferdes. Langfristig kann jedoch im Einzelfall nicht vorhergesagt werden, ob und wann sich die hier erhobenen Befunde an den Herzklappen leistungsbeeinflussend auswirken. Die Mehrzahl der Warmblutpferde mit derartigen Befunden ist über große Zeiträume leistungsfähig. Nur bei wenigen Reitpferden nehmen die Rückflüsse zu und führen evtl. zur Erweiterung der Herzkammern, der Herzvorkammern und/oder zu Vorhofflimmern. Bei diesen wenigen Pferden kann im weiteren Verlauf eine deutliche Leistungsminderung und in Einzelfällen im Endstadium ein Herzversagen auftreten. Im Einzelfall ist eine Prognose allerdings nicht möglich.

Der Wallach sollte bei klinischer Unauffälligkeit in ca. 1 Jahr kardiologisch nachuntersucht werden.

Bei einem Leistungsabfall oder einer Veränderung des Algemeinbefindens, ohne Zuordnung zu einem anderen Organsystem als dem Herz-Kreislaufapparates, sollte zeitnah zum Auftreten der Sympotome eine erneute kardiologische Untersuchung erfolgen.

Zur Unterstützung der kardiovaskulären Funktion hat sich die Gabe von Mikronährstoffen, wie als hilfreich erwiesen.

Zusammenfassung

Das Unterbauchödem ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht durch die Herzbefunde zu erklären. Näher liegend ist ein kausaler Zusammenhang mit den multiplen Melanomen. Ich empfehle Ihnen den Wallach regelmäßig in Sedierung einer Präputialwäsche zu unterziehen. Die Gabe von Arzneimitteln gegen das Melanomwachstum wird als hilfreich angesehen.

Mein Pferd hat Multiple Melanome, was bedeutet das nun?

Melanome beim Pferd entstehen durch eine unkontrollierte Vermehrung pigmentbildender Zellen, den sogenannten Melanozyten. Besonders häufig treten sie bei älteren, hellfarbigen Pferden auf – vor allem im Bereich der Schweifrübe, unter dem Schweif, an der Genitalregion oder an den Lippen. Die genaue Ursache ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch spielt die genetische Veranlagung eine große Rolle. Es handelt sich meist um gutartige Tumoren, die im Laufe der Zeit jedoch wachsen und sich verändern können.

Anfangs verursachen Melanome meist keine Beschwerden und werden oft nur zufällig entdeckt. Mit zunehmender Größe können sie jedoch Druck auf benachbarte Strukturen ausüben und zu Problemen führen, beispielsweise beim Kotabsatz, bei der Bewegung des Schweifs oder beim Reiten. In manchen Fällen kann es auch zu Hautreizungen, Entzündungen oder Schmerzen kommen. Der Grad der Beeinträchtigung hängt stark von der Lage, Umfang und Ausdehnung der Melanome ab.

Unbehandelt können Melanome wachsen und sich im Körper weiter ausbreiten (Metastasenbildung). Das kann langfristig zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen, wie einer Beeinträchtigung innerer Organe. Je früher Veränderungen erkannt und überwacht werden, desto besser können geeignete Maßnahmen ergriffen werden. In einigen Fällen bleiben Melanome jedoch über Jahre stabil und verursachen keine oder nur geringe Beschwerden.

Es gibt verschiedene Behandlungsansätze, die je nach Lage, Größe und Entwicklung der Melanome variieren. Chirurgische Entfernung ist bei gut zugänglichen, solitären Tumoren oft möglich. Daneben gibt es lokale Therapien wie Injektionen mit zytotoxischen Substanzen oder immunstimulierende Medikamente. Auch Impfstoffe gegen Melanome befinden sich in der Entwicklung, sind aber noch nicht auf dem Markt erhältlich. Wichtig ist eine individuelle Einschätzung durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt, um die beste Therapieform zu bestimmen.

Eine direkte Vorbeugung gegen die Entstehung von Melanomen gibt es bisher nicht, besonders da genetische Faktoren eine große Rolle spielen. Regelmäßige Kontrollen und ein eine gute Beobachtung jeglicher Hautveränderungen können jedoch helfen, frühzeitig zu reagieren. Bei Schimmeln empfiehlt es sich, auffällige Stellen regelmäßig tierärztlich untersuchen zu lassen. Eine frühe Diagnose verbessert die Prognose und erleichtert die Behandlung deutlich.